Es lebe der Sport | SUSV

Schliessen

Schliessen

Es lebe der Sport

News - Es lebe der Sport

Dass Sport gesund und hart macht, jung hält und Schwung verleiht wissen wir schon seit dem bekannten Lied von Rainhard Fendrich aus den 80er Jahren. 
In letzter Zeit war in den Medien häufig zu lesen, dass Sportarten mit intensiver Belastung sehr im Trend liegen. In meinem beruflichen und privaten Umfeld höre ich immer wieder von Tauchern, die intensiv trainieren.

Text: Dr. med. Beat Staub – 
Facharzt für Allgemeinmedizin FMH, Diving Medicine Physician EDTC

Dass Sport gesund und hart macht, jung hält und Schwung verleiht wissen wir schon seit dem bekannten Lied von Rainhard Fendrich aus den 80er Jahren. In letzter Zeit war in den Medien häufig zu lesen, dass Sportarten mit intensiver Belastung sehr im Trend liegen. In meinem beruflichen und privaten Umfeld höre ich immer wieder von Tauchern, die intensiv trainieren.

Es ist kein Geheimnis: Sporttauchen ist nicht wirklich eine Sportart im Sinne der Kraft- oder Ausdauerbelastung. Der Begriff «Sporttauchen» diente ursprünglich vor allem dazu, diese Art des Tauchens von derjenigen des Berufstauchens abgrenzen zu können. Berufstaucher sind diejenigen die tauchen müssen um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, während Sporttaucher solche sind, die einfach so, zur Freude, abtauchen. Immerhin, man ist draussen, und bewegt sich im Wasser. Und zugegeben, ein Strömungstauchgang kann ganz schön anstrengend sein. Das anstrengenste am Tauchen ist wohl das Tragen der Ausrüstung und allenfalls ein beschwerlicher Marsch vom Parkplatz zum Einstiegsort und später zurück. 

Deshalb – und selbstverständlich auch aus Gesundheitsbewusstsein heraus – ist uns Tauchern ja völlig klar, dass «Sport»-Tauchen nicht ausreicht. Wir trainieren also und halten uns mit mehr oder weniger Aufwand mehr oder weniger fit. Zudem ist immer wieder zu lesen, dass eine gute körperliche Grundfitness das Deko-Risiko vermindere. 

Der Nutzen einer guten körperlichen Fitness ist in der Medizin hinreichend belegt. Das ­Risiko für Herz- und Kreislaufkrankheiten wird reduziert, das Gewicht und die damit verbundenen Folgeschäden ist besser kontrolliert und und und. 

Keine Frage: Sport tut gut. Ebenso gut bekannt sind leider die Schäden und Risiken im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten. Wer’s nicht glaubt soll sich mal an einen Grümpelturnier in der Nähe des Samariterpostens ein Plätzchen suchen und beobachten.

Über den Zusammenhang Sport und Tauchen wissen wir relativ wenig. Und zwar sowohl was den Nutzen als auch was die Risiken betrifft.

Lange Zeit waren Tauchmediziner der Ansicht, dass Sport und die Taucherei nichts miteinander verbinde. Aufgrund der Publikation einer Arbeit der amerikanischen Experimental ­Diving Unit im Jahr 1945 entstand der Eindruck, dass körperliche Betätigung das Risiko einer Deko-Krankheit erhöhe. Es dauerte viele Jahre und zahllose Versuchsreihen mit Tieren und Menschen waren nötig, um den Beweis zu erbringen, dass körperliche Aktivität vor dem Tauchen die Entstehung von Gasblasen im Kreislaufsystem reduziert. Man leitet daraus ab, dass damit auch das Risiko einer Deko-­Krankheit reduziert werde. Diese Auslegung ist nicht ganz korrekt, denn zwischenzeitlich ist ja bekannt, dass nicht alle Gasblasen zu einer Deko-Krankheit führen. Man spricht hier von den «stillen Blasen» (silent bubbles). Je jünger, schlanker und körperlich fitter die ­Taucher waren, um so weniger Blasen hatten sie. Dies die Hauptaussage. Man kann nun darüber spekulieren, ob denn nun wirklich das Fettgewebe schuld is, dass es Stickstoff besser speichere als andere Körpergewebe und damit das Deko-Risiko erhöht.

Nun, trotz aller Einschränkungen solcher Studien: nehmen wir uns die Worte zu Herzen! Das Alter bzw. das Altern können wir nicht beeinflussen, wohl aber das Körpergewicht und die Körperzusammensetzung. Treiben wir also Sport – und zwar regelmässig!

In den Studien, die ich gesehen habe, ist immer von aerober Fitness die Rede - Ausdauersport also. Selbstverständlich braucht’s für die Ausdauer auch eine gut trainierte Muskulatur. Ob’s dann gerade Bodybuilding sein muss sei dahingestellt.  Nun stecken wir aber bereits in einer Zwickmühle: Sport vor dem Tauchen kann offenbar empfohlen werden. Da aber für die regelmässig und häufig Tauchenden gilt, dass vor dem Tauchen auch nach dem Tauchen ist (und umgekehrt) hilft es uns nicht weiter, dass Sport vor einem Tauchgang gut sein soll.

Wie soll man das gestalten? Schon im Anfänger-Tauchkurs habe ich gehört, dass Sport nach einem Tauchgang eine gefährliche Sache sei. Schliesslich würde durch die körperliche Betätigung der Kreislauf aktiviert und damit Gasblasen vermehrt im Körper umhertransportiert. Selbst das Tragen der Tauchflaschen nach dem Tauchgang sei riskant, geschweige denn das Hochmarschieren vom Seeufer zum Parkplatz bei gewissen Tauchplätzen.

Die konkrete Frage lautet also: wie lange muss ich nach einem Tauchgang warten, bis ich wieder intensivere körperliche Aktivität aufnehme? Am liebsten wäre mir dabei, dass ich eine Tabelle zur Hand nehmen könnte, auf der ich anhand der Tauchtiefe und –zeit dann ablesen könnte, wann ich meinen Puls wieder in die Höhe treiben kann. 
Eine solche Tabelle ist mir leider nicht bekannt. Wenn jemandem eine solche bekannt ist, so bitte ich dringend um Zustellung!

Gehen wir schrittweise vor. Von 10 gesunden kroatischen Militärtauchern wissen wir, dass mässige körperliche Aktivität (gemächliches herumflösselen) während des dreiminütigen Sicherheitsstopps zu einer deutlichen Verminderung der ohnehin vorhandenen Gasblasen führte. Wir können vielleicht daraus lernen, dass wir den Sicherheitsstopp nicht abhängen müssen. Diese Information ist insofern hilfreich, als dass dies ja die erste mögliche körperliche Betätigung nach der Kompressionsphase ist. Es gilt wie immer, dass wir von 10 gesunden Militärtauchern, die irgendwo in der Adria tauchten, nicht unbedingt auf uns und unsere Verhältnisse schliessen dürfen. 

Richtig anstrengend wurde es für die 23 Teilnehmer einer anderen Untersuchung. Sie mussten auf einem Fahrradergometer (man stelle sich ein Spinning-Bike vor) eine hohe Leistung erbringen. Dabei wurde der Zustand nach einem Tauchgang so simuliert, dass ­ihnen ein blasenhaltiges Kontrastmittel in die Blutbahn gespritzt wurde. Man untersuchte dann mittels Ultraschall, wieviel dieser «Gasblasen» in der Lunge aufgehalten und quasi entschärft wurden. Die Forscher erkannten, dass eine erhebliche Menge dieser künstlichen Blasen durch die Lungengefässe hindurch wanderte.
Dies bestätigte die Vermutung, dass körperliche Aktivität Blutbahnen in den Lungen erweitert, so dass die bei Tauchern (oder Testpersonen) vorhandenen Gasblasen eben nicht mehr herausgefiltert werden und so eine Gefahr darstellen. 

Leider tönt das nicht nur kompliziert, es ist es auch. Wir wissen unterdessen weiter, dass das Atmen von Sauerstoff verhindert, dass sich diese Blutgefässe öffnen und wir wissen auch, dass sie sich bereits kurze Zeit nach der körperlichen Anstrengung von selber wieder schliessen und das Sport-bubble-Risiko wieder geringer wird.

Im Gegensatz dazu zeigte eine andere Untersuchung, wiederum mit Militärtauchern 40 Minuten nach einem tatsächlichen Tauchgang durchgeführt, dass körperliche Betätigung (85% der maximalen Leistungsfähigkeit) zu keinem vermehrten Bläschentransfer durch die Lunge führte. Die Autoren zogen daraus die Schlussfolgerung, dass von einer intensiven körperlichen Aktivität nach einem Tauchgang keine körperliche Gefährdung ausgehe.

Was sollen wir nun von diesen widersprüchlichen Aussagen halten?
Die einzige sinnvolle Schlussfolgerung aus kontroversen Aussagen ist diese: wir wissen es nicht mit Bestimmtheit! Und das, was man weiss, kann nicht einfach so auf uns «gewöhnlichen» Taucher übertragen werden. Zu jung, zu schlank, zu gut trainiert sind wohl diese männlichen Militärtaucher.

Somit kann ich leider auch keine konkrete, wissenschaftlich fundierte Empfehlung abgeben, wie lange wir nach einem Tauchgang besser auf körperliche Aktivität und Fitnesstraining verzichten sollten. 

Ich persönlich mache es so, dass ich mich nach einem Tauchgang körperlich schone und an diesem Tag aufs Fitness-Training verzichte und nur Dehnübungen ausführe. Nach dem Tauchgang deponiere ich (Stage-)Flaschen oder anderes Material gerne an der Ausstiegsstelle und komme später zurück, nachdem ich mich umgezogen und reichlich getrunken habe.

Bis die gewünschte Tauch-Fitness-Tabelle existiert wird es also noch viel Forschungsarbeit brauchen und zahlreiche Taucher werden dabei schwitzen müssen.

Literaturhinweise können beim Autor nachgefragt werden.